03. Musikformate

Musikformate waren schon immer ein wichtiger Bestandteil der deutschen Fernsehlandschaft. Sie sind für viele Zuschauer ein wichtiger Aspekt der Musiksozialisation und bilden für viele eine der ersten tiefgreifenderen Auseinandersetzungen mit Musik.

Infolge des zweiten Weltkrieges wurde durch die Alliierten der regelmäßige Fernsehbetrieb in Deutschland initiiert. Eines der ersten Musikformate jener Zeit war: “Wir senden Frohsinn – wir senden Freude”, welches von 1941 bis 1944 gesendet wurde und von Ilse Werner moderiert wurde. hierbei handelte es sich um eine klassische Varieté-Show.

Die heutzutage übliche Kooperation von Musikverlägen und Fernsehsendern war damals nicht so üblich. Durch den technischen Zwang der Direktübertragung hielten sich die Plattenfirmen aus Angst vor einem schlechten Auftritt aus dem Fernsehen zurück. (Wolther, Irving: Musikformate im Fernsehen. In: Schramm, Holger (Hrsg.): Handbuch Musik und Medien. Konstanz: UVK-Verl.-Ges. 2009. S. 178) Durch Innovation des Playback-Verfahrens konnte diese Angst jedoch überwunden werden und Musik verbreitete sich auf allen Fernsehsendern, da sie eine relativ günstige Möglichkeit bot Sendezeit zu füllen. Generell waren aber Formate in denen Musik dargestellt wurde, jedoch nicht der Hauptfokus war, am förderlichsten für Plattenverkäufe von Musikern.

“Das Fernsehen der 1950er-Jahre fungierte zunächst als Medium zur Verbreitung bereits vorhandener kultureller Angebote” (Wolther, Irving: Musikformate im Fernsehen. In: Schramm, Holger (Hrsg.): Handbuch Musik und Medien. Konstanz: UVK-Verl.-Ges. 2009. S. 180), es wurden hauptsächlich Live-Übertragungen von Saalveranstaltungen (Theateraufführungen, Opern, Konzerten,…) gesendet, für die auch Eintrittskarten erworben konnten. Die dominante Musikrichtung in dieser Zeit war der Schlager mit Persönlichkeiten wie unter anderem Caterina Valente und Peter Alexander.

International folgte 1956 der Grand Prix Eurovision de la Chanson (seit 2001 als Eurovision Song Contest bekannt). Hier entstand ein internationaler Wettbewerb für landeseigene Schlagermusik die zu Beginn auch immer in der eigenen Sprache vorgetragen wurde.

Aufgrund der Popularität des Schlagers entstanden hierzu einige Musikformate. Bonsoir, Kathrin war ein Varieté Programm mit Caterina Valente als Moderatorin, bei dem die berühmten und vor allem musikalischen Gäste immer in Sketche oder Musikstücke eingebunden wurden. Der Schlager galt damals Quotengarant und infolge des großen Erfolgs von Bonsoir, Kathrin folgten diverse andere Schlager Formate wie zum Beispiel Hotel Victoria und die Peter Alexander Show.

Da Musikformate ursprünglich als Familiensendungen konzipiert waren, gab es so gut wie keine Differenzierung der Zielgruppen. Bis in die 1960er Jahre waren fast alle Musikprogramme in deutscher Sprache. Dies lag unter anderem am großen Erfolg des Schlagers.

Um ein jüngeres Publikum anzusprechen wurden dann nach und nach auch andere Musikrichtungen berücksichtigt. Eines der populärsten Produkte dieses Bestrebens ist der Beat Club, der sich explizit als Sendung von jungen Leuten für junge Leute vorstellte.

Ende der 1970er Jahre etablierte sich der Videoclip und ermöglichte eine Ablösung vom Zwang der Direktübertragung. Diese neue mediale Form bot neue Möglichkeiten für Musikformate und wurde auch sehr schnell in diese integriert.

Außerdem entstanden durch die wachsende Unterhaltungsorientierung der Fernsehbranche immer mehr Sendungen die Musik mit Nonsens verbanden.

Eine wichtige Position haben Musikformate auch bezüglich der Musiksozialisation. “Musik im Fernsehen gehört zumindest in bestimmten Altersphasen zur Musik im Alltag wie kaum eine andere Musik” (Wolther, Irving: Musikformate im Fernsehen. In: Schramm, Holger (Hrsg.): Handbuch Musik und Medien. Konstanz: UVK-Verl.-Ges. 2009. S. 178).



Wie diese Daten zeigen, (Altrogge, Michael: Videoclips - Die geheimen Verführer der Jugend?: ein Gutachten zur Struktur, Nutzung und Bewertung von Heavy-Metal-Videoclips. Berlin: Vistas 1991.) waren diese Formate vor allem bei Kinder und Jugendlichen beliebt. Sie hatten einen Einfluss auf junge Menschen in einem Teil der prägendsten Jahre, welcher das Verhältnis dieser Kinder und Jugendlichen zur Musik haben geprägt hat.

Jüngere und ältere Zuschauer können auf Musikformate zugreifen, um sich “nach außen als Teil einer sozialen Gruppe mit den gleichen wie den eigenen Vorlieben – sei es eine Minderheit oder die breite Mehrheit – zu stilisieren und sich damit sozial zu positionieren” (Müller, Renate; Rhein, Stefanie: Musikalische Selbstsozialisation Jugendlicher: Theoretische Perspektiven und Forschungsergebnisse. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung (Heft 4-2006). Leverkusen: Budrich 2002. S. 551-568). Sie bilden also einen wichtigen Aspekt der individuellen Entwicklung im Bezug auf Musik und Gruppenzugehörigkeit. 

Durch den gesellschaftlichen Wandel und die technischen Entwicklungen sind jedoch reine Musikformate ein Seltenheit geworden. Der Intendant Markus Schächter sieht für reine Musiksendungen “keine große Zukunft mehr” (Wolther, Irving: Musikformate im Fernsehen. In: Schramm, Holger (Hrsg.): Handbuch Musik und Medien. Konstanz: UVK-Verl.-Ges. 2009. S. 204).

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